Wiedersehen nach 72 Jahren - der Fall Pelekies/ Peleiski

Schwester und Bruder
© DRK / Marco Urban

Nach dem ersten Kontakt nach 72 Jahren mit seiner Schwester Christel schrieb Günter Peleiski eine ausführliche Dank-Mail an die Mitarbeiter des DRK-Suchdienstes: „Endlich, nach jahrzehntelanger Suche nach meiner Mutter und sonstigen Verwandten haben Sie und die gesamte Mannschaft des DRK-Suchdienstes in München meinen sehnlichsten Wunsch erfüllt!"

„Ich konnte es nicht fassen, als mein Bruder vor mir stand – nach so langer Zeit“, sagt Christel Ehrich (geborene Pelekies) mit bebender Stimme. „1944 mussten wir wegen der herannahenden Front Memel verlassen und kamen im November nach Lüssow bei Grimmen (Mecklenburg-Vorpommern). Von meinem Bruder, der woanders untergebracht war, besaß ich nur ein kleines, unscharfes Foto. Und ich wusste nur, dass er Günter heißt."

Ihr Bruder Günter Pelekies verließ das heutige Klaipeda erst im Januar 1945 mitten in den Kriegswirren mit einem Kindertransport, der in Schwarzenberg im Erzgebirge endete. Der kleine Junge durchlebte eine Odyssee durch Kinderheime und Kliniken. Schließlich kam er zu einer Pflegefamilie. Eine erste Suche nach Familienangehörigen erfolgte durch den Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes. Da die Namen von Mutter und Vater und sogar sein eigenes Geburtsdatum unbekannt waren, blieben die Nachforschungen zunächst erfolglos, Seinen Nachnamen hatten die Behörden inzwischen „geändert“, aus Günter Pelekies wurde Günter Peleiski, der damit für seine Familie verschollen blieb. Nach Mechanikerlehre und Maschinenbaustudium arbeitete er mit einer kurzen Unterbrechung bis zur Invalidenrente in Dresden und Glauchau. Er ist seit 26 Jahren verheiratet und hat eine 37-jährige Tochter.

Er selbst gab die Suche nie auf.  „Ich wollte unbedingt herausfinden, wer meine Mutter war. Dass ich noch eine Schwester hatte, wusste ich gar nicht. Ich war oft am Ende und wollte schon aufgeben, doch meine Frau hat mich immer wieder bestärkt“, erzählt Günter Peleiski, der heute 74jährige in Glauchau (Sachsen) lebt. Im September 2013 meldete er sich beim DRK-Suchdienst. Zuvor hatte er in einem Archiv in Aue (Sachsen) Dokumente über den Kindertransport aus dem früheren Memel gefunden, aus denen sein richtiger Name und der seiner Mutter hervorgingen. Auch dass er noch zwei Geschwister hatte, war dort zu lesen. Das war der Durchbruch.

Dennoch dauert es noch mehr als drei Jahre, bis die Geschwister einander tatsächlich fanden. Im Archiv des Landkreises Vorpommern-Rügen wurden die Mitarbeiter des DRK-Suchdienstes schließlich fündig. Sie stellen fest, dass die Mutter im mecklenburgischen Lüssow gelebt hatte und inzwischen verstorben war. Die akribischen Nachforschungen führten aber auch zur fast 80jährigen Schwester Christa. Nach einer Rückfrage bei der gefundenen Schwester erhielt Günter Peleiski am 21. März 2017 die Nachricht: „Ihre Schwester heißt Christel Ehrich und wohnt im Grimmen.“

Wenig später telefoniert Christel Ehrich mit ihrem Bruder. „Die Freude war unbeschreiblich…“

Nach dem ersten Kontakt mit seiner Schwester Christel schrieb Günter Peleiski unter Betreff „Freude pur“ eine ausführliche Dank-Mail an die Mitarbeiter des DRK-Suchdienstes: „Endlich nach jahrzehntelanger Suche nach meiner Mutter und sonstigen Verwandten haben Sie und die gesamte Mannschaft des DRK-Suchdienstes in München meinen sehnlichsten Wunsch erfüllt! Ich weiß, dass eine solche Suche nicht einfach und damit zeitaufwändig ist! Aber ich habe bekommen, woran ich schon nicht mehr glauben wollte! Eine fast achtzigjährige Schwester, die sich sogar an mich erinnern konnte! Sie hatte mich damals Einjährigen im Krankenhaus in Memel besucht! Ich habe ihr (scherzhaft) gesagt, dass ich mich gar nicht daran erinnern könnte!

Ich habe Sie im April besucht. Wir haben in ihrem Garten eine Rose gepflanzt, als Zeichen der „Wiedervereinigung“. Drei von ihren vier Kindern waren auch dabei. Sie hat schon sieben Enkel und 5 Ur-Enkel! Alle haben sich riesig gefreut, dass wir uns wiedergefunden haben! Ich konnte auch das Grab unserer Mutter besuchen. Es war schon ein seltsames Gefühl, dort zu stehen, obwohl ich sie nie kennengelernt habe!“.