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Nationale Evakuierungslagen: Suchdienst und Personenauskunft des DRK

Im Rahmen seiner vielfältigen haupt- und ehrenamtlichen Betätigungsfelder hält das DRK auch die spezifischen Angebote Suchdienst (DRK-Suchdienst) und Personenauskunftsstelle (PASt) vor. Welche Leistungen für Vermisste und suchende Angehörige diese Aufgabenfelder umfassen und wie sie u. a. im Kontext nationaler Evakuierungslagen arbeiten, wird im Folgenden dargestellt.

Sonderstellung und Kernaufgaben
Das DRK ist als die Nationale Rotkreuz-Gesellschaft in Deutschland Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung und Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege. Als freiwillige Hilfsgesellschaft der Behörden im humanitären Bereich hat das DRK gegenüber Nichtregierungsorganisationen eine rechtliche Sonderstellung, die in den Genfer Abkommen (1949) und ihren Zusatzprotokollen (1977) begründet und auch aus dem DRK-Gesetz (2008) ersichtlich ist.

Als Kernaufgabe des Roten Kreuzes unterstützt der DRK-Suchdienst seit über 150 Jahren Menschen, die durch bewaffnete Konflikte, Katastrophen, Flucht, Vertreibung oder Migration von ihren Nächsten getrennt wurden. Er hilft, Angehörige zu finden, sie wieder miteinander in Kontakt zu bringen und Familien zu vereinen. Das humanitäre Mandat des DRK-Suchdienstes ergibt sich u. a. aus einer zuletzt im Dezember 2020 aktualisierten Suchdienstvereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und dem DRK.

Die Arbeit des DRK-Suchdienstes wird seit 1953 vom BMI institutionell gefördert. Unter Leitung der DRK-Suchdienstleitstelle in Berlin hilft der Suchdienst Ratsuchenden an den Standorten Hamburg und München, in den DRK-Landesverbänden sowie bundesweit in rund 90 Suchdienstberatungsstellen der DRK-Kreisverbände.

Bei Schadensereignissen innerhalb Deutschlands mit einer größeren Anzahl von betroffenen Personen haben die ehrenamtlich tätigen PASt der DRK-Bereitschaften die Aufgabe, auf Nachfrage von Angehörigen oder von Personen mit berechtigtem Interesse Informationen über den Aufenthaltsort vermisster Personen weiterzugeben. Bei den PASt handelt es sich um die bis Mitte 2024 dem DRK-Suchdienst zugehörigen ehemaligen Kreisauskunftsbüros.

Suche und Familienzusammenführung des DRK-Suchdienstes
Der DRK-Suchdienst hilft, Angehörige zu finden, sie wieder miteinander in Kontakt zu bringen und Familien zu vereinen. Jedes Jahr erreichen ihn viele tausend Anfragen zur Suche und Schicksalsklärung. Außerdem berät er Ratsuchende, die über Ländergrenzen hinweg wieder mit ihren Familienangehörigen vereint leben möchten, zu den rechtlichen Voraussetzungen einer Familienzusammenführung.

Personenauskunft der DRK-Bereitschaften
Die Leistungsmerkmale sowie die Struktur von PASt-Einheiten und ihre personelle bzw. materielle Ausstattung werden in den entsprechenden Rahmenregelungen der DRK-Bereitschaften definiert (1). Ergänzend zu Einsätzen im Rahmen des Katastrophenschutzes werden PASt in DRK-eigenen Einsätzen aktiv und können zusätzliche Aufgaben übernehmen. Diese umfassen auszugsweise auch:

  • die Registrierung von Einsatzkräften
  • die Unterstützung der Strukturen des Betreuungsdienstes im Einsatz bei der Registrierung von Betroffenen in einer Betreuungsstelle bzw. einem Betreuungsplatz oder einer Notunterkunft
  • die Unterstützung der Strukturen des Sanitätsdienstes bei der Registrierung von Verletzten/Erkrankten/unverletzt Betroffenen in einer Einsatzlage
  • Datenpflege in Datenbanken
  • Bürger-/Gefahrentelefone oder Hotlines.

Die Struktur der Personenauskunftsstellen leitet sich aus ihrer Aufgabe der Auskunftserteilung bei nationalen Katastrophen und Großschadenslagen ab. Zusätzlich zur Führung einer PASt gliedert sich diese in fünf weitere Bereiche:

  • die Aufnahme von Suchanfragen (persönlich und telefonisch)
  • die Arbeitsvorbereitung und Aufbereitung von Registriermedien und Datenquellen
  • die manuelle Kartei
  • die Erfassung und Auswertung der Datensätze in der EDV
  • Auskunftserteilung an berechtigte Angehörige.

Entsprechend sind taktische Grundeinheiten der Personenauskunftsstelle in Staffelstärke aufgestellt. Eine Einsatzkraft verarbeitet pro Stunde bis zu 30 Registrierunterlagen oder nimmt bis zu zehn telefonische oder persönliche Suchanfragen pro Stunde entgegen. Mit der Xenios®-Software verfügen die PASt über eine bundesweit einheitliche Lösung, vielfach sind Angehörige der PASt auch in der Nutzung anderer Softwares (z. B. GSL.net) geschult.

Suchdienst und Personenauskunft im Kontext nationaler Evakuierungslagen
Das BBK definiert eine Evakuierung als die „organisierte Verlegung von Menschen aus einem akut gefährdeten in ein sicheres Gebiet, wo sie untergebracht, verpflegt und betreut werden (Aufnahme)“ bzw. als die „organisierte Verlegung von Menschen, Tieren und Gütern aus einem gefährdeten in ein sicheres Gebiet“ (2).

Die Arbeit des DRK-Suchdienstes wie der Personenauskunft ist ausschließlich auf Menschen ausgerichtet. Im Folgenden werden als nationale Evakuierungslagen alle Einsatzlagen einer Evakuierung betrachtet, bei denen das gefährdete und das sichere Gebiet auf deutschem Territorium liegen. Berücksichtigt werden unterschiedliche Ebenen, von der Evakuierung einzelner Objekte, etwa aufgrund eines Gasleckes, bis hin zur großflächigen Evakuierung ganzer Orte, z. B. im Rahmen von Extremwetterereignissen mit Überschwemmungen. Evakuierungen aus anderen Staaten wie z. B. die Evakuierung von Verwundeten und Verletzten aus der Ukraine seit der Eskalation des bewaffneten Konfliktes im Februar 2022 (vom BBK koordinierte Evakuierungsmission im Kleeblattmechanismus) werden entsprechend nicht berücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben Evakuierungslagen im Kontext der zivilen Verteidigung.

Aufgabenbereiche des DRK-Suchdienstes
Der DRK-Suchdienst ist für Suchanfragen von Schutzsuchenden und Angehörigen zuständig, die sich in Deutschland befinden. Er erfüllt sein humanitäres Mandat als Teil des internationalen Suchdienstnetzwerkes mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK, ICRC) und 190 weiteren Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften.

Auch in einer nationalen Evakuierungslage kommt dieses internationale Suchdienstnetzwerk zum Tragen: Der DRK-Suchdienst nimmt dann Anfragen suchender Angehöriger aus dem Ausland entgegen, die ihn über andere Nationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften erreichen, und beantwortet diese mit den Informationen der Personenauskunftsstellen.

Auch unabhängig von nationalen Evakuierungslagen beantwortet der DRK-Suchdienst im Rahmen des internationalen Suchdienstnetzwerkes Suchanfragen von Menschen weltweit. Angehörige können aufgrund von Naturkatastrophen oder bewaffneten Konflikten vermisst sein, gezielt oder ungeachtet Opfer kämpferischer Auseinandersetzungen zwischen Konfliktparteien geworden sein, gefangen genommen und an geheimen Orten festgehalten werden. Familien werden auch getrennt, wenn sie versuchen, den lebensbedrohlichen Verhältnissen aufgrund eines Konfliktes zu entfliehen, sei es auf dem Landweg oder bei der Überfahrt über das Mittelmeer. Zu erfahren, ob ihre vermissten Angehörigen noch am Leben sind, und wenn ja, wo sie sich aufhalten und wie es ihnen geht, ist für die getrennten Familien von existenzieller Bedeutung und kann helfen, den Zustand der quälenden Ungewissheit zu lindern.

Soweit der Aufenthaltsort des vermissten Familienmitgliedes bekannt ist, richtet sich das drängendste Bedürfnis für die getrennten Familien darauf aus, wieder als Familieneinheit mit den geliebten Angehörigen zusammenzuleben. Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Mitarbeiter stehen den Angehörigen teilweise über Jahre beratend zur Seite und begleiten das Verfahren zur Familienzusammenführung.

Aufgabenbereiche der Personenauskunft
Ausgehend von den Leistungsmerkmalen von PASt der DRK-Bereitschaften kommen im Kontext von Evakuierungslagen verschiedene Einsatzmöglichkeiten für diese in Betracht, insbesondere die Personenauskunft in Katastrophen und Großschadenslagen. Vor allem bei einer großen Zahl von Betroffenen und komplexen Lagen kann die PASt eine bedeutende Rolle in der Zentralisierung zahlreicher Registriermedien und anderer Datenquellen übernehmen, so zur Verdichtung des Lagebildes beitragen und hauptamtliche Strukturen in der Kommunikation mit Angehörigen von Betroffenen entlasten. Die Zusammenführung diverser Datenquellen ermöglicht z. B. die Recherche nach Personen, die bei einer Evakuierung nicht angetroffen wurden, oder unterstützt Angehörige, die nach der Evakuierung von Einrichtungen nach Angehörigen suchen, die in diesen untergebracht waren.

Einsatzkräfte der PASt können dabei als eigenständige PASt eingesetzt werden oder in einzelnen Arbeitsschritten bzw. bei einzelnen Aufgaben der Personenauskunft unterstützen. Während in einigen Fällen die Personenauskunft grundsätzlich von der Berufsfeuerwehr oder der Polizeibehörde übernommen wird, gibt es andernorts Vereinbarungen zwischen Katastrophenschutzbehörden und DRK-Kreisverbänden, in denen die Aufgabe übertragen wurde. Im Sächsischen Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz wurde z. B. die Aufgabe gänzlich dem DRK-Landesverband Sachsen übertragen (§ 37a SächsBRKG). Dazwischen gibt es eine große Bandbreite von unterschiedlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Eine PASt ist i. d. R. direkt der Einsatzleitung unterstellt. Die Koordination und Kommunikation mit anderen Einheiten und behördlichen Stellen erfolgen zentral über die Führung der PASt. In Lagen, in denen nur bestimmte Arbeitsschritte oder Aufgaben durch Einsatzkräfte der PASt übernommen werden, sind Schnittstellen und Verantwortlichkeiten zwischen den beteiligten Einheiten und Stellen festzulegen. Im Idealfall werden entsprechende Regelungen bereits im Vorfeld aufgestellt, andernfalls im Rahmen von Weisungen. Bei der Zusammenarbeit mit behördlichen Stellen, insbesondere der Polizei, bleibt die PASt des DRK weiterhin den Grundsätzen der Rotkreuz-/Rothalbmond-Bewegung verpflichtet: Aufgrund des Grundsatzes der Unabhängigkeit des Roten Kreuzes dürfen durch die PASt zur Suche und Auskunftserteilung erhobene Daten ausschließlich zu humanitären Zwecken verwendet werden und nicht darüber hinaus etwa im Rahmen polizeilicher Ermittlungen.

Den Einsatz einer PASt in einer komplexen Lage verdeutlicht z. B. die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021. Wenn es auch keine reine Evakuierungslage war, so spielten Evakuierungen teilweise ganzer Ortschaften im Sinne der oben angeführten Definition eine wichtige Rolle, so der Abschlussbericht von BMI und BMF (Bundesministerium der Finanzen), der im März 2022 vorgestellt wurde (3).

Nach den Überflutungen am 14. Juli und in der Nacht zum 15. Juli 2021 gab es am 16. Juli 2021 eine Abfrage der PASt des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz. In den frühen Morgenstunden des 17. Juli 2021 kam die Personenauskunft unter Leitung des DRK-Kreisverbandes Mainz-Bingen zum Einsatz: 15 Einsatzkräfte von fünf damals sog. Kreisauskunftsbüros wurden am Einsatzort in Bingen damit beauftragt, sich der vielen Anfragen nach Vermissten anzunehmen, und waren als PASt ab 10.00 Uhr einsatzbereit. Die PASt wurde bis zum 25. Juli 2021 betrieben, zwischenzeitlich auch mit Einsatzkräften des DRK-Landesverbandes Hessen. Mit Verstetigung der Einsatzlage richtete der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz am 20. Juli 2021 eine Infostelle mit vier Telefonen und sieben PC-Arbeitsplätzen ein, die am 21. Juli 2021 eine eigene Hotline schaltete und die Daten der PASt aus Bingen, Angaben aus der Bevölkerung, von anderen Hilfsorganisationen sowie der zuständigen Polizeibehörden zusammenführte.

Allein am 21. Juli 2021 gingen 116 Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet über die Hotline ein; bis zum Einsatzende der Infostelle am 1. August 2021 nahm diese insgesamt 598 Suchanfragen entgegen, von denen 389 erfolgreich geklärt werden konnten, und erfasste 7.960 Datensätze. Gleichzeitig unterstützten in Nordrhein-Westfalen die DRK-Landesverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe personell mit Einsatzkräften der Personenauskunft, u. a. bei der Aufnahme von Vermisstenmeldungen. Hier waren sie in die von den dort zuständigen Behörden eingerichteten Personenauskunftsstellen auf Kreis- und Landesebene integriert.

Fazit
Als Teil des internationalen Suchdienstnetzwerkes steht der DRK-Suchdienst stets an der Seite suchender Angehöriger, sei es in nationalen Evakuierungslagen oder wenn diese durch bewaffnete Konflikte, Katastrophen, Flucht, Vertreibung oder Migration von ihren Familien getrennt worden sind. Darüber hinaus können die PASt der DRK-Bereitschaften bei der Auskunftserteilung in nationalen Evakuierungslagen einen wertvollen Beitrag leisten. Dabei sind sie auf eine gute Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften anderer Dienste angewiesen, z. B. beim Umgang mit Registriermedien: Verletztenanhängerkarten müssen leserlich ausgefüllt werden, und es ist zu gewährleisten, dass Listen mit Betroffenen die PASt tatsächlich erreichen, um die Qualität des Lagebildes und die Fähigkeit zur Auskunftserteilung an Angehörige zu gewährleisten. Führungs- und Einsatzkräfte anderer Dienste können im Rahmen gemeinsamer Übungen etwa für datenschutzrechtliche Aspekte und die Bedeutung von Registriermedien sensibilisiert werden. Mit entsprechenden Vereinbarungen zwischen Katastrophenschutzbehörden im Bereich der Personenauskunft und den PASt der DRK-Bereitschaften lassen sich die notwendige Zusammenarbeit verstetigen und Verwaltungsfragen wie etwa die Kostenübernahme für die Freistellung ehrenamtlicher Einsatzkräfte vorab klären, um die gemeinsame Reaktionsfähigkeit im Fall nationaler Evakuierungen zu erhalten.

Von: 
Gerald Kaufhold, Referent Amtliches Auskunftsbüro, DRK-Generalsekretariat,
Sonja Sage, Referentin Bereitschaften, DRK-Generalsekretariat
Iris Mitsostergios, Referentin in der Suchdienst-Leitstelle, DRK-Generalsekretariat

 

Literatur:

  1. DRK (Hrsg.) (2022) Rahmenregelungen der Bereitschaften zur Mitwirkung im übergeordneten Aufgabenbereich Suchdienst, Amtliches Auskunftsbüro (AAB) und Personenauskunft im Deutschen Roten Kreuz.
  2. BBK (Hrsg.) Glossar – Evakuierung.(Abruf: 21. Februar 2025).
  3. Bundesministerium für Inneres und Heimat (BMI), Bundesministerium der Finanzen (BMF) (Hrsg.) (2022) Bericht zur Hochwasserkatastrophe 2021: Katastrophenhilfe, Wiederaufbau und Evaluierungsprozesse. (Abruf: 21. Februar 2025).
  4. DRK-Suchdienst-Leitstelle (2022) Konzept Amtliches Auskunftsbüro.