Wolfgang Voss: Entschädigung für Kriegsgefangenschaft

Im Schützengraben wurde Wolfgang Voss zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Winter 1945 bei einem Gefecht mit US-Soldaten in der Schnee-Eifel durch einen Granatsplitter an der Hüfte verletzt. Ein Sanitäter seiner Truppe versprach, ihn nachts abzuholen, dieser tauchte aber nie wieder auf. Stattdessen wurde Wolfgang Voss am nächsten Morgen durch amerikanische Soldaten geweckt, denen er gerade noch entgegenkriechen konnte, bevor sie sein Versteck mit einer Handgranate ausbombten. Wolfgang Voss ergab sich und kam in Kriegsgefangenschaft. Das war im Februar 1945. Er war 18 Jahre alt.
Die kommenden vier Jahre verbrachte er in mehreren Lagern in England, im französischen Nord-Afrika und in Frankreich. In einem Dokument, das er vom DRK-Suchdienst im Jahr 2019 bekam, sind die damaligen Stationen als Kriegsgefangener handschriftlich vermerkt.
- Lazarett, England/Raeding, 02.45 – 03.46
- Lager Bolbeck Steney Le Havre, 03.46 -08.46
- Lager Constantine, Nord-Afrika, 08.46-09.47
- Zivilarbeiter Süd-Frankreich 22.9.47 -2.3.49
Über seine Jahre in der Kriegsgefangenschaft sagt Wolfgang Voss, sie hätten ihn geprägt, aber nicht gebrochen. Zum Glück sei er damals noch jung gewesen und habe Hunger, Durst, Ungezieferbefall und unmenschliche Behandlung noch besser ertragen können, als manch älterer Gefangener, von denen er viele hat innerlich kapitulieren sehen. Aber die Hoffnung, jemals wieder nach Hause zurückkehren zu können, hatte auch Wolfgang Voss zwischenzeitlich aufgegeben.
"Von meiner Jugend habe ich nichts gehabt", sagt Wolfgang Voss. "Ich bin groß geworden zu den Adolf Hitlers Zeiten und bis ich aus der Gefangenschaft kam, habe ich nichts anderes gekannt. Natürlich wäre es mir lieber, das wär nicht gewesen. Mein Sohn sagt, es ist möglich, ein zweites Leben anzufangen. Und ich vertraue darauf, vielleicht kommt es noch", sagt er augenzwinkernd mit heute 93 Jahren.
Im März 1949 kam Wolfgang Voss frei und kehrte zurück in seine Heimatstadt Berlin. Nur noch seine Mutter lebte dort noch, bei der er es aber nicht lange aushielt. Nach all den Jahren der Gefangenschaft hatte ihn eine "große Unruhe" erfasst, wie er es beschreibt, die ihn noch viele Jahrzehnte lang umtreiben sollte.
Beruflich zog es ihn nach Süddeutschland, wo er als Fernmeldemonteur gearbeitet hat und bis heute lebt. Er war dreimal verheiratet und hat zwei Söhne. In seiner kleinen Ravensburger Wohnung, wo er sich trotz seines hohen Alters noch komplett selbst versorgt, hat er endlich Ruhe und Frieden gefunden. Hier genießt er seinen Lebensabend.
Dank der Bescheinigung des DRK-Suchdienstes über seine Kriegsgefangenschaft erhält er gem. Gesetz über die Heimkehrerstiftung, Stiftung für ehemalige Kriegsgefangene, vom Bundesverwaltungsamt eine monatliche Entschädigung von 40 Euro. .
"Das hilft gewaltig", sagt Wolfgang Voss. "Ich muss nicht mehr jeden Cent umdrehen, sondern kann ihn schon dreimal ausgeben, bevor ich ihn umdrehe."
