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Reportage

„Ich bin nicht allein.“ Alexander Bürger findet seinen Cousin nach fast 40 Jahren der Trennung

Kindheit am Badesee in Kaschachstan (Foto: Privat)
Kindheit am Badesee in Kaschachstan (Foto: privat)

Der DRK-Suchdienst unterstützt Spätaussiedler u.a. bei der Suche nach Familienangehörigen, von denen sie durch Flucht, Vertreibung oder durch die Aussiedlung aus der ehemaligen Sowjetunion bzw. deren Nachfolgestaaten getrennt worden sind.

Aufgrund der historischen und politischen Entwicklungen haben Personen, die der deutschsprachigen Minderheit in ihrem jeweiligen Herkunftsland angehören, unter bestimmten Umständen Anspruch auf dauerhafte Wohnsitznahme in Deutschland und Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.

Dies gilt auch in den Fällen, in denen Familien bereits vor mehr als 250 Jahren aus Deutschland nach Russland ausgewandert sind.

Damals, Ende des 18. Jahrhunderts, bot die russische Zarin Katharina II. ausländischen Ansiedlern Land an, vor allem an der Wolga und am Schwarzen Meer. So sollten diese dünn bevölkerten Regionen urbar werden. Rund 8.000 Familien, vorwiegend aus Hessen und Süddeutschland, folgten dem Aufruf und siedelten sich, nach zum Teil jahrelanger Reise, im Wolgagebiet an. Diese „Wolgadeutschen" bilden den Grundstock der deutschstämmigen Bevölkerung in Russland.

Viele dieser Menschen möchten jetzt wieder nach Deutschland einreisen. Der DRK-Suchdienst unterstützt sie dabei und hilft ihnen auch hierzulande ihre Angehörigen wiederzufinden.

„Ich sprach zwar kein Deutsch, aber als ich in der Sowjetunion aufwuchs, war ich immer „der Deutsche“, sagt Alexander Bürger heute. „Ich wollte Geschichtslehrer werden, aber durfte das nicht studieren, da ich diese deutschen Wurzeln habe.“

Alexander Bürger ist 1964 in Kasachstan geboren und auch wenn er manchmal im Alltag deswegen Nachteile erlebte, erzählt er von einer glücklichen Kindheit und schönen Zeiten in Kasachstan. Er zeigt Bilder von badenden Familien am See, er zusammen mit seinem Cousin Viktor.

Viktors Familie verließ schon in den frühen 1980er Jahren die damalige Sowjetunion, um nach Deutschland auszusiedeln, wie es für Deutschstämmige erlaubt war.

„Meine Eltern wollten das nie“, sagt Alexander Bürger. „Sie fühlten sich nicht schlecht in der sowjetischen Welt. Für mich war es anderes. Nach 1989 und den großen politischen Umbrüchen wurde die Situation und unsere Zukunft unsicherer. Im Jahr 2000 sind meine Frau und ich mit unseren beiden Kindern dann auch nach Deutschland ausgewandert.

Einmal in Deutschland fanden die Bürgers Arbeit und eine Wohnung in Dresden. Jetzt war Alexander Bürger nicht mehr der Deutsche in Russland, sondern der Russe in Deutschland, der erst einmal die Sprache lernen musste. Er lacht, wenn er davon erzählt. „Die Menschen halten mich für so vieles“, sagt er. „Ich bin der Deutsche, der Kasache, der Russe. Das geht mein ganzes Leben so. Tja, was soll man machen?“

In Dresden suchte Alexander Bürger nach dem verlorenen Cousin Victor. Das letzte Lebenszeichen von ihm war eine Postkarte aus Sindelfingen in Baden-Württemberg. Unzählige Male hat Alexander Bürger versucht, den Cousin über das Internet zu finden, oder durch Anrufe bei Behörden oder bei anderen Menschen, die Viktors Nachnamen hatten. Aber von ihm selbst fehlte jede Spur.

„Vor einem Jahr oder so sah ich einen Bericht über den Suchdienst im Fernsehen. Danach ging ich zum DRK hier in Dresden und habe meine Geschichte erzählt. Der Mitarbeiter hat mir geholfen, einen Suchantrag zu stellen.“

Danach ging es recht zügig. Suchanfragen wie die von Alexander Bürger werden an den DRK-Suchdienst-Standort Hamburg weitergeleitet und dort bearbeitet.

Nach über 75 Jahren Suchdienstarbeit im Zusammenhang mit Migration aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion ist ein beachtliches Archiv entstanden.

Hier fanden die DRK-Suchdienst-Mitarbeitenden auch den Cousin von Alexander Bürger und konnten ihm mitteilen, dass ein gewisser „Alexander Bürger“ nach ihm suche. Ob ihm diese Person bekannt sei und ob sie seine Kontaktdaten dem Suchenden weitergeben dürften? Na klar!

„Nach ein paar Monaten bekamen wir Kontakt und es war fantastisch. Mein großer Cousin aus der Kindheit! Er lebt heute noch in Baden-Württemberg und wir haben regelmäßig Kontakt.“

Den Cousin zu finden, war für Alexander Bürger mehr, als „nur“ den alten Kindheitsfreund wiederzusehen.

„Er hat die gleiche Geschichte wie ich. Es hat mir irgendwie gezeigt, dass ich nicht allein bin in der Welt.“

 

Weitere Informationen zu den Angeboten des DRK-Suchdienstes für Spätaussiedler: 

Suche: Spätaussiedler - DRK-Suchdienst

Familienzusammenführung: Spätaussiedler - DRK-Suchdienst

Historische Hintergründe: Historischer Hintergrund - Spätaussiedler - DRK-Suchdienst

 

 

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